Was tun, wenn die Psyche streikt?
So kann man psychischen Belastungen vorbeugen
Gerade im Berufsleben sind psychische Probleme häufig tabuisiert. Betroffene versuchen so lange wie möglich zu funktionieren – und leiden still. In der aktuellen Situation verschärft sich das weiter. Wie soll man merken, dass es dem Arbeitskollegen schlecht geht, wenn der Livekontakt fehlt?
Doch es gibt Mittel gegen die zunehmende Entfremdung:
- Virtuelle Kaffeepausen: Ein täglicher – oder zumindest regelmässiger – Schwatz im Team kann wichtige informelle Kontakte wenigstens ein Stück weit ersetzen. Oder: Zu Beginn jeder Sitzung erzählen alle kurz, wie es ihnen geht und was sie gerade beschäftigt.
- Vier-Augen-Gespräche: Vorgesetzte sollten aktiv auf Mitarbeitende zugehen und Gespräche vereinbaren. Dabei soll es nicht nur um die Arbeit gehen, sondern auch um die Befindlichkeit und das Zuhören.
- «Wie geht es dir?»: Eine wertschätzende Kommunikation untereinander ist unerlässlich. Das heisst: Nachfragen, Feedback geben, Fragen, wie es jemandem geht, Interesse zeigen et cetera.
- Klare Abmachungen treffen: Feste Vereinbarungen sind entlastend und helfen, sich abzugrenzen. Das kann etwa sein: Wer ist wann erreichbar und wann nicht? In welcher Frist müssen E-Mails oder Aufträge erledigt sein? Wo und wie meldet man Kurzabsenzen?
- Pausen planen: Nicht ein Online-Meeting ans andere reihen. Pausenpuffer schaffen Raum, um durchzuatmen.
- Als Vorgesetzte Vorbild sein: Die abgemachten (informellen) Treffen einhalten und nicht wegen eines anderen Meetings absagen.
- Informieren: Firmen, die in finanzieller Schieflage sind, sollten Angestellte – soweit möglich – über die betriebliche Situation aufklären. Unsicherheit ist ein grosser Stressfaktor.
So kann man Betroffene unterstützen
«Vorgesetzte scheuen sich häufig davor, Mitarbeitende auf allfällige psychische Probleme anzusprechen», sagt Niklas Baer, Psychologe und Leiter von Workmed, einer Abteilung der Psychiatrie Baselland. «Weil man eben nicht übergriffig sein will. Oder weil man der Antwort oder einer Auseinandersetzung aus dem Weg gehen will. Häufig tut man dann so, also hätte man nichts gemerkt.»
Doch: Arbeitgeber sind nicht zuletzt von Gesetzes wegen verpflichtet, die Gesundheit ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu schützen. Das verlangt die sogenannte Fürsorgepflicht. Vorgesetzte müssen also nachhaken, wenn sie eine Verhaltensänderung beobachten und dahinter eine psychische Belastung vermuten. Als Vorgesetzte sollte man zudem Hilfsangebote kennen, an die man Betroffene verweisen kann. Je nach Situation muss man auch den Mut haben, jemanden aufzufordern, sich in ärztliche Behandlung zu begeben.
So finden Firmen einen Umgang mit psychischen Belastungen
Rund jede zweite Person in der Schweiz erkrankt im Laufe ihres Lebens psychisch. Und ungefähr jede fünfte erwerbstätige Person hat permanent eine psychische Störung.
«Als Firma kann man psychische Erkrankungen normalerweise nicht verhindern – denn sie haben meist schon vor dem jungen Erwachsenenalter begonnen», sagt Psychologe Niklas Baer. «Man sollte sich aber mit der Frage auseinandersetzen, wie man im Betrieb mit dem Thema umgehen will. Es geht nicht darum, ob Mitarbeitende eine psychische Problematik haben, sondern darum, wie Betroffene, Kollegen und Vorgesetzte damit umgehen.»
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